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3. April 2013

Willkommen in der Postapokalypse


Geneigter Leser,

in meiner Wohnung hängen keine Fotos an den Wänden, sondern Poster von Videospielen. Stage 1-1 aus Super Mario Bros. ersetzt die Bordüre, welche bei Anderen so manche Wand verziert und ich stehe regelmäßig vor der Wand voll Spielen in meinem Wohnbereich, welche Bilder erzeugt. Bilder, die nicht nur aus den Spielwelten selbst stammen, sondern vor allem auch aus der Realen, basierend auf Erinnerung. Es kommen mir die Gegebenheiten in den Sinn, welche beim Erwerb herrschten. Viele Kartons und Schachteln stammen von Reisen aus aller Welt - mitgebracht, oder auf diese mitgenommen.



 
Stage 1-1 ziert den Übergang von der Küche in den Flur
Allerdings gibt es in meinen Regalen, wie auch bei den Fotos aus dem letzten Urlaub, nicht nur gute Stücke, die es schaffen, so ein wohlig warmes Gefühl im Bauch zu erzeugen, wenn man sie Revue passieren lässt. Einige sind einfach qualitativ schlecht, was ihren Mehrwert, in welcher Art auch immer, schmälert. Verwackelte Aufnahmen, auf denen eh niemand mehr erkennt, wo sie eigentlich aufgenommen wurden. Andere erzeugen nicht nur gute Erinnerungen, oder man betrachtet das Vergangene mittlerweile in einem anderen Licht. Darum habe ich (nun zum dritten Mal) beschlossen, meine Ansammlung aus Videospielen "auszumisten", um vielleicht auch endlich einmal eine richtige Sammlung daraus zu machen. Alles in eine Ecke packen, das man findet, erfüllt, in meinen Augen, einfach nicht den Tatbestand.

Die Idee ist nun, mich auf drei Felder zu beschränken konzentrieren: Rollenspiele (exkl. MMORPGs), postapokalyptische Szenarien und ein paar Titel, die mir gesondert wichtig sind (von wegen Erinnerungen und so). Die besonderen Titel sind einfach zu bestimmen, auch RPGs zu identifizieren ist relativ leicht, allenfalls besteht ein kleiner Verhandlungsspielraum von Fall zu Fall, den ich aber mit mir selbst gut aushandeln kann. Jedoch stellt sich, nach anfänglicher Recherche, die Apokalypse als kleiner Widerhaken heraus.

 
Über dem Haupt-Fernseher wurde bereits stark aussortiert
Ein der größten online Datenbanken für Videospiele mobygames.com führt selbstverständlich eine Kategorie "Post-Apocalyptic". Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen zählt sie 487 Einträge. Nun geht man da durch, schaut, was man bereits hat, was einem theoretisch noch fehlt und stutzt. Titel wie Wasteland, Fallout und S.T.A.L.K.E.R. kommen wohl den meisten bei diesem Thema direkt in den Sinn (es ist aber auch völlig in Ordnung, wenn dies bei dir grad nicht der Fall ist), doch aufgelistet sind ebenfalls Spiele wie Freedom Fighters, Crysis 2, Homefront, das 13te Armored Core, ein paar Sachen, von denen ich noch nie etwas gehört habe und welche, die mir hierzu nie in den Sinn gekommen wären. Das ein Teil eines Franchise in Punkto Szenario aus der Reihe springt, kann man nachvollziehen, warum allerdings Schleichfahrt nur als Science-Fiction gilt, Aquanox 1 und 2 zusätzlich als postapokalyptisch dahingegen nur schwer. Es stellt sich also generell die Frage: Wie definiert man (oder vielleicht auch nur ich) eigentlich "postapokalyptisches Szenario"?

Für alle unter euch, die meinen Schlussfolgerungen nicht folgen möchten (wenn ihr überhaupt bis hierhin gelesen habt ^-^ ), nehme ich die allgemeine Antwort mal vorweg. Wikipedia beschreibt es mal wieder ganz gut: "Die Postapokalypse ist die Zeit nach einem Ereignis, das große Teile der Menschheit sowie die durch sie aufgebaute Zivilisation vernichtet hat. Alte Gesellschaftsordnungen gelten nicht mehr, oft herrscht ein archaisches System des Stärkeren." Allerdings ist laut meinen Diplomprüfern Wikipedia nicht zu zitieren, weshalb ich also ein wenig ausholen muss.

Das Bundeszentrum für politische Bildung kennt die Apokalypse als eine mögliche Ursache für das Zustandekommen einer Anti-Utopie und kennzeichnet die  Utopie selbst als "auf die Zukunft gerichtete politische und soziale Vorstellungen, die Wunschbilder einer idealen Ordnung oder fortschrittlichen menschlichen Gemeinschaft zeichnen". Der Duden kennt sich dahingegen mit dem Wörtchen "post" aus und meint es "kennzeichnet [...] etwas als zeitlich später liegend, erfolgend".

 
Die aktuelle Rückwand des
Konsolenzimmers
Eine postapokalyptische Szenerie spielt somit in einer sozialen und politischen Situation, welche dem Idealbild einer solchen widerspricht und zeitlich nach einer Apokalypse angesiedelt ist, dem Ausgangspunkt ihrer Entwicklung. Die Apokalypse selbst stammt wohl aus dem religiösen und beschreibt etwa in der Offenbarung des Johannes den Untergang der Welt, den jüngsten Tag, an dem Gott über die Menschheit richtet (eine nette Dokumentation zu dem Thema hat der deutsch-französische Fernsehsender arte vor ein paar Jahren ausgestrahlt, diese lässt sich bei Interesse sicherlich im Netz und/oder auf DVD [z.B. im arte-Shop] finden, wer sich darüber hinaus interessiert, findet hier noch einiges an Nachschlagewerk zu Apokalyptik). In den fiktionalen Ebenen, in denen wir uns mit Videospielen bewegen, spricht man genereller von einem Weltuntergangs(-nahen)-Ereignis, jedenfalls laut Oxford Dictionary of Science Fiction. Es beschreibt die vorherrschende Situation als einer riesigen Katastrophe zeitlich nachgelagert, welche einen Großteil der Menschheit und deren Zivilisation ausgelöscht oder auf eine primitivere Ebene zurückgeworfen hat (schaltet in eurer Stadt mal für ein Wochenende den Strom ab, dann erfahrt ihr schnell, was damit gemeint ist ^-^ ).

Dazu ein Beispiel: Der Film Escape from L.A. (eine Neuauflage des eigentlich besseren, allerdings auch angestaubteren Escape from N.Y. [solltet ihr über den dritten Teil Escape from New Jersey stolpern, steht auf und rennt!]) spielt in den USA der nahen Zukunft. Ein Erdbeben trennt Los Angeles vom Festland ab und dient daraufhin als staatliches Gefängnis ohne Wärter. Jeder, der Mist baut, wird hinein geworfen und einmal drinnen, sind alle sich selbst überlassen (da es sich tendenziell nur um [amerikanische] Verbrecher [man muss hier ja erwähnen, dass es die Britischen in Australien schon zu etwas gebracht haben] handelt, kann man sich vorstellen, dass hier keine Utopie entstanden ist). Nun wird die Tochter des Präsident entführt und dorthin verschleppt und mit ihr die Zugriffsdaten auf einen Orbitalsatelliten, der in der Lage ist, die gesamten vereinigten Staaten von Amerika (oder sogar die ganze Welt, ich weiß es nicht mehr so genau) mittels eines elektromagnetischen Impulses in die Steinzeit zurück zu befördern. Snake Plissken wird (widerwillig) erneut geschickt, um alles zu richten. Vorsicht Spoiler!!! Am Ende hat Snake allerdings die Schnauze voll und drückt selber den Knopf, nachdem er die junge Dame gerettet hat. Spoiler-Ende! Die Geschehnisse im Film selbst spielen also gar nicht direkt in einer postapokalyptischen Welt, da L.A. (in diesem Fall zum Glück) nicht den Großteil der Menschheit repräsentiert. Jedoch herrschen innerhalb der Stadtmauern postapokalyptische Zustände, womit man die Situation, in der die Handlung abläuft, als postapokalyptisch bezeichnen kann. Man kann allerdings (mit einer an Selbstverständlichkeit grenzenden Wahrscheinlichkeit) davon ausgehen, dass sich die Menschheit nach den Ereignissen im Film in einer postapokalyptischen Phase (wir hoffen mal für alle, dass es nur eine Phase ist) befindet.

Für den Leihen kaum sichtbar:
da fehlen bereits viele "überflüssige"Titel
Warum das nun für die Spielewelt und meine angehende Sammlung interessant ist? Zum einen bin ich mal wieder etwas vom Thema abgedriftet. Zum anderen zeigt es allerdings, dass Titel wie Stalker überhaupt nicht in einer postapokalyptischen Welt spielen, wenn man Welt mit dem Planeten Erde gleichsetzt. Die Zustände in der Zone (so heißt das Gebiet ja, in dem Stalker spielt) entsprechen allerdings der Definition des gesuchten Szenarios und Stalker ist allgemein als postapokalyptisch anerkannt, also passt es wohl. Da reiht sich doch Spec. Ops the Line auch mit ein, oder? (ach du Sch****, denkt hier noch jemand spontan an die Matrix?!) Fällt dann aber automatisch auch ein Borderlands in diese Kategorie? Man läuft dort jedenfalls auf einem "postapokalyptischen" Planeten herum. In Bastion wurde ewig vor der eigentlichen Handlung die Zivilisation, wie sie bisher existierte, durch ein Desaster namens "Calamity" verändert und das nicht zum Positiven. In Crysis 2 befindet sich New York in so einem Zustand, als man erwacht. Ob es der gesamten Welt so geht, weiß man nicht genau. Auch bei Gears of War fängt man schnell an zu diskutieren, bei einigen Teilen fällt das augenscheinlich einfacher, als bei anderen. Vor allem, wenn man sich einen Fakt nochmal vor Augen führt: Die Postapokalypse ist die Zeit danach. Homefront, Disaster - Day of Crysis, Doom 2 und viele Andere spielen während oder direkt im Anschluss einer Katastrophe. Allerdings sind diese Spiele hier, meiner Ansicht nach, ausgenommen. Contra 4 spielt 2 Jahre nach dem dritten Teil, in welchem die Menschheit durch einen Angriff von Außerirdischen fast ausgelöscht wurde. Man muss nun den übrig gebliebenen Rest vor dem Untergang bewahren. Also kommt Teil 4 in die Sammlung, Teil 3 nicht.

Puh, ich sehe da noch einige Diskussionen in den nächsten Jahren auf mich zukommen. Hoffentlich nicht nur zwischen mir und meiner Brieftasche, sondern auch mit anderen Enthusiasten. Denn darauf kommt es am Ende doch an. Jeder einzelne Titel in meinem Schrank soll positive Erinnerungen und damit verbundene Emotionen auslösen und spannende, hitzige, tiefgreifende Debatten mit Gleichgesinnten zählen mit Abstand zu den besten Quellen.

DM47

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